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RAISON d'ÊTRE

Aktualisiert: 16. Apr. 2021

Survival in times of Corona - Newsletter 4/20


Das erste namhafte grosse Ereignis in meinem Leben war die 'Seegfrörni' von 1963. Mein zweites nun, so will mich dünken, der weltweite Lockdown mit dem weniger romantischen Namen 'Covid-19'.

Damals gefror der Zürichsee und lud alle ein, das Jahrhundertereignis gemeinsam zu feiern. In den vergangenen zwei Wochen gefroren mir zuweilen der Verstand und das Herz, beim Versuch, die sich widersprechenden Inputs und Wahrnehmungen einigermassen sinnstiftend zu integrieren.

Ich habe täglich so viele Einschätzungen und Analysen zum Thema des Augenblick gelesen, mir angehört ... bis der Wald der Fragezeichen bezüglich einer tatsächlichen Notwendigkeit, der Welt den Stillstand zu verordnen, immer dichter, und mein Unmut und der Ruf in mir nach mehr Transparenz und mehr Differenziertheit in der offiziellen Berichterstattung und entsprechend gescheiteren mass-volleren Mass-nahmen, immer fordernder wurden.


Mitte der dritten Wochen dann, packte mich die Paranoia. Ich verlor komplett den Zugang zu den Selbsthilfe Tools, die ich so wertschätze, liebe, die sich schon so oft bewährt haben für mich und andere, denen ich stets vertrauen konnte und die ich unermüdlich in meinen Workshops und Coachings mit anderen teile.


Ich bin mir sicher, weiss, dass ich nicht die Einzige bin, bei dir die grauen Hirnzellen dieser Tage gelegentlich rot oder gar schwarz sehen. Um auch andere zu ermutigen, beängstigende Fantasien und invasive Gedanken mit Menschen des Vertrauens zu teilen - hier eine kurze Schilderung des Wahnsinn, der mich am Sonntag gepackt hat:


Um den Kopf ein wenig auszulüften, bin ich mit dem Velo Richtung Landiwiese gefahren. Dort angekommen, sind die riesigen Holzbauten, die am Entstehen sind, nicht zu übersehen. Mein immediater Gedanke war: "Jesses! Jetzt bauen die hier schon Gefängnisse - für uns, die nicht alles glauben wollen, was uns aufgetischt wird." Dass ich absolut vom Donner gerührt entsetzt war, ist noch gelinde ausgedrückt - gleichzeitig aber dämmerte mir,

"Gemma, jetzt muäsch öppis unternäh. Susch trääsch no ganz durä."

Im Nachhinein bin ich dankbar für diesen Augenblick des Grauens. Er machte überdeutlich klar, dass ich meine angestrengte Sinnsuche im hundertfach Ungereimten sofort beenden musste. Info-Stopp, per sofort.

Es ist mir zum Glück gelungen, den abschüssigen engen Pfad der Paranoia noch in selbiger Nacht zu verlassen, unterstützt von meinen wiedergefundenen Begleitern, Tonglen und GFK. Mit ihnen, konnte ich mich wieder im Hier und Jetzt ankern, in Wohlsein und Unbeschwertheit - trotz allem, und jetzt erst recht!

Es wird auch euch gelingen. Nur Mut.


"Der totale Stillstand führt vor Augen, wie wenig es braucht, bis sicher geglaubte Rahmenbedingungen plötzlich wegkippen und es uns nicht mehr gut geht. Es werden, wie es einzelne Psychologen prophezeien, viele mit einer Art posttraumatischer Belastungsstörung aus dieser Krise hervorgehen. (...) Allerdings denke ich, dass diese Herausforderung auch ihr Gutes hat. Sie wird unsere Wahrnehmung der Dinge und unsere Werte adjustieren."

Christian Laesser, Touristik-Professor an der Universität St.Gallen


Danken möchte ich an dieser Stelle den Menschen in meinem Leben, die immer wieder bereit sind, mir in meinen finstersten Stunden jene Qualität der Präsenz und des Gehör zu schenken, die mich befähigt, wieder zu mir selbst zu finden.

Und danken möchte ich auch all den wunderbaren Menschen, denen ich in meinen Kursen oder als Klienten begegne und ein Stück des Weges begleiten darf. Ihr alle gebt mir meine 'raison d'être', erlaubt mir, immer und immer wieder in meine Kraft, Klarheit und Weisheit zurück zu finden. Danke.


Gemma G. April 2020


I'm.unity


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